Argumente

Handeln statt Bereuen

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass die menschengemachte Klimaerwärmung noch schneller und folgenschwerer verläuft, als bisher erwartet. Je früher wir handeln, desto grösser ist die Wahrscheinlichkeit, die gefährlichen Folgen für Mensch und Natur abzuschwächen. Deshalb müssen innovative Städte wie Winterthur jetzt alles daran setzen, die Treibhausgasemissionen bis 2040 auf Netto Null zu bringen.

Der neueste Bericht des Weltklimarates (IPCC) lässt keine Zweifel offen: Die Klimaerwärmung ist menschengemacht und schreitet weiter voran. Ohne sofortiges Handeln wird sich die globale Durchschnittstemperatur bis 2050 um 3 Grad Celsius erhöhen. Das hat weltweit schwere Folgen. Werden klimatische Kipppunkte erst überschritten, sind Veränderungen wie das Schmelzen der Gletscher unumkehrbar und führen zu einem Kollaps der Ökosysteme. Um dies zu verhindern, müssen die Treibhausgasemissionen möglichst schnell gesenkt werden.

Der Weltbiodiversitätsrat IPBES (2019) warnt zudem vor einem stark beschleunigten Artensterben. Bis zu 1 Million von rund 8 Millionen Arten sind gefährdet. Der Mensch zerstört den Lebensraum von Tieren und Pflanzen und damit seine eigene Lebensgrundlage. Unsere Situation gleicht der einer Fallschirmspringerin im freien Fall knapp über dem Boden: Wir müssen die Reissleine sofort ziehen, um die schlimmsten Schäden zu verhindern. Um den Temperaturanstieg wenigstens auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, müssen innovative Städte wie Winterthur jetzt alles daran setzen, die Emissionen bis 2040 auf Netto Null zu bringen.

Klimaschutz statt Katastrophenhilfe

Die verheerenden Folgen der Klimakrise sind global und lokal bereits eindrücklich sichtbar. Ob Hitzerekorde und Brände, oder Starkniederschläge und Überschwemmungen: Extreme Wetterereignisse werden intensiver und häufiger. Diese kosteten im Jahr 2021 nicht nur Milliarden von Franken sondern auch unzählige Menschenleben. Dies zeigt klar: Jedes Jahr zählt – Winterthur braucht Netto Null 2040!

Der vom Menschen verursachte Klimawandel beeinflusst viele Wetter- und Klimaextreme in allen Regionen der Welt – dies zeigt der neueste Bericht des Weltklimarates (IPCC) auf. Das bisherige Jahr 2021 zeigte dies eindrücklich: Jahrhundert-Hitzewellen und Hitzerekorde in Nordamerika und in der Arktis, schwere Brände in der Türkei, Griechenland, Russland und Kalifornien, Starkniederschläge und Überschwemmungen in Belgien, Deutschland und der Schweiz. Extremwetterereignisse führen zu hohen Sachschäden und zu massiven Ertragsverlusten in der Landwirtschaft. Bauernpräsident Markus Ritter erwartet ein schlechtes Pflanzenanbau-Jahr mit Ausfällen, schlechten Erträgen und tieferer Qualität über alle Kulturen. “Solche Ereignisse werden mit dem Klimawandel häufiger und extremer”, sagte ETH-Klimawissenschaftlerin Sonia Seneviratne. Durch den Menschen mitverursachte Extremwetterereignisse haben dieses Jahr auch in Europa hunderte Todesopfer gefordert und unzähligen Menschen wurde die Existenzgrundlage entzogen. Die schrecklichen Bilder machen deutlich: Jedes Jahr zählt – auch Winterthur braucht Netto Null 2040!

Verantwortung statt Verdrängung

In der Verantwortung gegenüber jungen und künftigen Generationen sowie Ländern mit weniger Möglichkeiten muss die Schweiz früher Netto Null C02-Emissionen erreichen als andere Länder. Hierbei muss Winterthur verantwortungsbewusst vorangehen und stimmt für Netto Null bis 2040.

Die Klimakrise ist eine Frage der Gerechtigkeit: Wir haben unseren Kindern und allen kommenden Generationen gegenüber eine Verantwortung. Wir dürfen nicht weiterhin auf deren Kosten leben und sind verpflichtet, ihnen eine lebenswerte Zukunft zu hinterlassen. 

Weltweit haben arme Menschen am wenigsten zur Klimakrise beigetragen. Trotzdem sind sie als erstes und am stärksten von deren Folgen betroffen. Um das Pariser Klimaabkommen einzuhalten und global Netto Null 2050 zu erreichen, müssen reiche Regionen wie die unsere weit früher Netto Null Treibhausgas-Emissionen erreichen, als ärmere Regionen. Wir haben viele Jahrzehnte von fossilen Brennstoffen profitiert. Es ist daher unsere Verantwortung, zu verhindern, dass die Ungleichheit durch die Klimakrise weiter zunimmt – zwischen den Ländern und innerhalb der Gesellschaft.

Darum gilt es für Winterthur verantwortungsvoll voranzugehen, denn mit jedem zusätzlichen Jahr wird mehr Leid, Flucht und Tod hingenommen. Kurz: Netto Null 2050 global heisst Netto Null 2040 lokal.

Investieren statt Reparieren

Investitionen sind in einer existenzbedrohenden Krise unumgänglich. Eine aufgeschobene Klimapolitik verursacht später noch höhere Kosten für Unternehmen und Bevölkerung. Eine ambitionierte Klimapolitik hingegen bietet Chancen für Winterthur als innovativer Wirtschaftsstandort. Wir müssen weitsichtig und vorbildlich vorangehen, indem wir in den Klimaschutz investieren. Wer rechnet und zukunftsorientiert denkt, stimmt für Netto Null 2040 in Winterthur!

Können wir uns Netto Null 2040 leisten? Ja, denn Nicht-Handeln oder zu spätes Handeln werden letztendlich die höheren Kosten verursachen, als wenn wir jetzt das Notwendige investieren. Die Klimakrise führt jetzt schon zu Schäden und Einbussen in Milliardenhöhe: So haben die schweren Unwetter in Deutschland, Österreich und der Schweiz im vergangenen Juli mehr als 2,5 Milliarden Euro gekostet. 
Die Klimakrise wird zum grössten ökonomischen Risiko unserer Zeit: Sie trifft nicht nur die Agrar- und Forstwirtschaft oder belastet Versicherungen stark, auch Industriebranchen und der Tourismus werden in Zukunft immer stärker betroffen sein. Der Klimawandel löst wirtschaftliche Kettenreaktionen aus, die alle Unternehmen und SteuerzahlerInnen bezahlen müssen. 
Eine ambitionierte Klimapolitik bietet hingegen Chancen für Wirtschaft und Gesellschaft. Heutige Investitionen in nachhaltige Geschäftsmodelle werden sich morgen als Wettbewerbsvorteile auszahlen. Investitionen fördern Innovation und diese wiederum den Wirtschaftsstandort Winterthur. Startups werden angezogen und attraktive Arbeitsplätze geschaffen. Auch die Winterthurer Hochschulen werden davon profitieren. Zudem ermöglichen lokale Investitionen mehr Unabhängigkeit vom Ausland und eine weitgehend autonome Energieversorgung.
Winterthur muss weitsichtig vorangehen und investieren, statt kurzfristig sparen und teuer reparieren. Wer rechnet und zukunftsorientiert denkt, stimmt für Netto Null 2040 in Winterthur!

Massnahmen

Die Stadt Winterthur kann verschiedene Handlungsfeldern selbst anpacken und hat Massnahmen für die nächsten 7 Jahre bis 2028 auch schon konkret ausgearbeitet.

Die Massnahmen betreffen vor allem die Bereiche Bauen, Energieversorgung und Mobilität. Der Massnahmenplan der Stadt Winterthur sieht für diese Periode eine Absenkung des aus diesen Bereichen pro Kopf lokal ausgestossenen CO2 um 1.5 Tonnen von rund 4t auf rund 2.5t vor.

Folgende Kernelemente sind im Massnahmenplan enthalten:

  • Eine Photovoltaik-Offensive dank zusätzlicher Förderung bei Privaten und Gewerbe sowie mehr Eigenbau der Stadt: Erhöhung des PV-Anteils von 3% auf rund 6% des aktuellen, städtischen Gesamt-Stromverbrauchs
  • Neue Wärmeverbund-Gebiete dank Ausbau, Optimierung und Vernetzung bestehender Anlagen: Mind. rund 5%*) Ersatz von bestehenden fossilen Heizungen
  • Andere erneuerbare Systeme bei Heizungssanierungen (z.B. Wärmepumpen). Dank zusätzlichen Fördermitteln und besseren Rahmenbedingungen (JA zum kantonalen Energiegesetz): Mind. rund 15%* Ersatz von bestehenden fossilen Heizungen
  • Energetische Sanierung von bestehenden Gebäuden nach neuestem Standard. Dank besseren Rahmenbedingungen (kantonales Energiegesetz) und verstärkter Förderung: Mind. rund 10%*) des Gebäudebestandes werden energetisch ertüchtigt
  • Umstellung von fossiler auf E-Mobilität und Einsatz alternativer, umweltfreundlicherer Systeme, vom öffentlichen Verkehr bis hin zu Lastenvelos. Dank verbesserten übergeordneten Rahmenbedingungen, kommunaler Lenkungsmassnahmen sowie Förderung und Neubau von E-Ladestationen: Mind. rund 20%*) Flotten-Ersatz von Verbrenner-Fahrzeugen.

     

    * dies sind im Vergleich mit Entwicklungstrends aus zahlreichen Untersuchungen zu den Potentialen der verschiedenen Bereiche eher konservative Schätzungen der Klima-Allianz Schweiz.

Diese Massnahmen werden selbstverständlich noch nicht genügen und müssen in den nächsten Jahren, insbesondere für die Folgeperiode ab 2028 bis 2033/5 fortgesetzt und verstärkt werden. Die entsprechende Planung wird bereits ab dem nächsten Jahr vom Stadtrat wieder aufgenommen.

Die häufigsten Gegenargumente - und unsere Antworten

Die Stadt Winterthur hat im globalen CO2-Haushalt keine Bedeutung

Wo wären unsere öffentlichen Dienstleistungen, wenn jede:r Steuerzahler:in sich mit diesem Argument aus der Verantwortung nehmen würde?

Wir müssen global so schnell wie möglich auf Netto Null und das beinhaltet auch Winterthur. Ausserdem hätte das Ziel eine Signalwirkung auf den Rest der Schweiz.

Es gibt keinen Plan, um das angestrebte Ziel Netto Null bis 2040 zu erreichen

Sowohl die Stadt Winterthur wie auch die Stadt Zürich besitzen (teilweise bereits ausgearbeitete) Massnahmenpläne, welche zeigen, dass das Ziel bis 2040 möglich ist (siehe auch oben). Richtig ist, dass in der Vergangenheit zu wenig unternommen wurde. Klimastreik-Bewegung, Grüne und Grünliberale konnten kürzlich mit eigenen wissenschaftlich abgestützten Netto-Null Massnahmen-Programmen auf nationaler Ebene ebenfalls aufzeigen, dass 2040 auf jeden Fall erreichbar ist.

Die Zielsetzung 2040 wird für die Stadt viel zu teuer und damit nicht finanzierbar werden

Der Massnahmenplan der Stadt geht von jährlichen Investitionskosten von rund einem bis zwei Steuerprozenten aus. Auch wenn es drei bis vier wären – das ist finanziell verkraftbar. Nichts zu tun – das ist auch die Aussage der Wissenschaft – wird uns viel teurer zu stehen kommen. Wollen wir die Verantwortung für unser Nicht-Handeln wirklich auf die Zukunft schieben?

Die Stadt hat auf die Hälfte des gesamten CO2-Ausstosses keinen Einfluss

Die Stadt sind wir alle. Jeder und jede der Einwohner:innen. Die Politik setzt Rahmenbedingungen, der Einzelne ist aber seiner eigenen Verantwortung nicht enthoben. Der Konsum geht alle etwas an, hier ist auch der Einzelne gefordert. Die Klimakrise kann die Gesellschaft nur als Ganzes angehen.